Die HANDS ON Schraubwerkstatt war ein zeitlich begrenztes und praxisfokussiertes Online-Format für öffentlich geförderte, intersektorale Projekte aus Bildung, Kultur und Politik. Im Themenfeld gesellschaftlicher Zusammenhalt, Demokratieentwicklung und Teilhabe ging es um die Weiterentwicklung und Optimierung von Projekten an der Schnittstelle von politischer und kultureller Bildung.
Dank einer Modellförderung der Bundeszentrale für politische Bildung konnte sie im Zeitraum von Mai – Dezember 2021 umgesetzt werden. In einer insgesamt 15-teiligen Reihe mit internen Workshops und öffentlichen Stammtischen arbeitete das HANDS ON Team gemeinsam mit drei möglichst unterschiedlichen Projekten ganz konkret und ko-kreativ an der Optimierung von Arbeit und Wirkung.
Workshops
Nachdem die Vertreter:innen der drei Projekte bereits in ihrer Bewerbung ein Themenfeld aufgemacht haben, an dem sie im Rahmen der Schraubwerkstatt arbeiten wollten, bildeten jeweils zwei Personen aus dem Team von HANDS ON ein festes Duo zur Betreuung je eines Projekts. Nach je einem Vorgespräch mit den Projektbeteiligten verständigte man sich gemeinsam auf die zu bearbeitenden Herausforderungen. Auch von Workshop zu Workshop wurden die konkreten Bedarfe immer wieder nachjustiert und gegebenenfalls entsprechend angepasst.
Dabei ging es für die Projektbeteiligten jedoch nicht nur darum, sich zur Teilnahme an den inhaltlich auf ihre Anliegen zugeschnittenen Workshops zu verpflichten. Darüber hinaus war es von Anfang an eine Voraussetzung zur Teilnahme an der Schraubwerkstatt, dass alle Teilnehmenden auch an den Workshops der jeweils anderen Projekte mitwirken würden.
Stammtische
In Ergänzung zu den neun internen Workshops bot die Schraubwerkstatt drei öffentliche und zwei interne Stammtische an. Diese wurden von einer Person aus dem Team von HANDS ON co-moderiert, die in wechselnden Duos mit einer weiteren Person aus dem Team zusammenarbeitete, so dass auch hier eine größtmögliche Vielfalt von Konzeption und Moderation angestrebt und umgesetzt wurde.
Die öffentlichen Stammtische hatten eine osmotische Funktion: So sollten zum einen auch Außenstehende vom Angebot der Schraubwerkstatt profitieren, zum anderen aber auch ihre Erfahrungen in die Schraubwerkstatt einbringen können. Darüber hinaus waren die öffentlichen Termine ein Einladung zu weiterführendem Austausch und Vernetzung.
Die internen Stammtische bildeten im Sinne eines gemeinsamen Auftakts und Abschlusses der Schraubwerkstatt einen Rahmen für die Teilnehmenden der Projekte.
Sechs Wochen nach Abschluss der Schraubwerkstatt lud das Team von HANDS ON zu einer öffentlichen Reflektion ein, dem „Aufräumen“.
Drei Projekte
Ausgangspunkt der Arbeit zur Förderung des Bewusstseins für Demokratie und politische Partizipation war ein ebenso offenes wie konkretes Raumangebot, in dem sich Menschen aus unterschiedlichen Projekten zum vertrauensvollen Austausch und ko-kreativen Arbeiten an ihren Strukturen und Projekten zusammenfinden konnten.
Um die Breite des Spektrums verschiedener Möglichkeiten von vorn herein zu betonen, sollten möglichst unterschiedlich aufgestellte Projekte einbezogen werden. Ausgangskriterium für die Auswahl der drei Projekte war deshalb eine möglichst große Heterogenität im Hinblick auf die Verortung der Projekte in Ost oder West, Stadt oder Land, ihre Organisationsform und ihre Ziele und Zielgruppen. Hinter dieser Entscheidung steckte die Erfahrung, dass die offenkundige Unterschiedlichkeit der Projekte den jeweiligen Positionen mehr Eigenständigkeit, Raum und Respekt gewährt und dadurch alle Beteiligten leichter in eine bessere Zusammenarbeit finden würden, als wenn die Arbeitsbedingungen allzu direkt vergleichbar wären.
Nach einer öffentlichen Ausschreibung im Sommer 2021 wurden die folgenden drei Projekte zur Arbeit in der Schraubwerkstatt eingeladen:
– Soziokulturelles Zentrum KISTE, Ludwigshafen
Das soziokulturelle Zentrum KISTE arbeitet aktiv an der Verknüpfung von Kultur und Gesellschaft. Inklusion, Toleranz, Diversität, Integration sind zentrale Aspekte des Wertekanons. Die KISTE bietet einen barrierefreien Zugang für Menschen jeden Alters, Geschlechts und Herkunft. Sie versteht sich als einen Ort frei von politischer Agitation, Diskriminierung und Vorurteilen und macht konkrete, zielgruppenspezifische Angebote für die Menschen im Stadtteil.
– #Unteilbar MV
Das Netzwerk #unteilbarMV will den Zusammenhalt derjenigen stärken, die sich in Mecklenburg-Vorpommern (MV) für eine solidarische demokratische Gesellschaft einsetzen. Regionale Ansprechpartner:innen in Städten und Dörfern wirken als Multiplikator:innen demokratischer Werte in den ländlichen Raum hinein und tragen die Themen und Veranstaltungen der Initiativen, Vereine und Menschen vor Ort ins Netzwerk. Das Netzwerk #unteilbarMV ist ein Versuch, die aktive demokratische Zivilgesellschaft – geleitet durch die Prinzipien einer Graswurzelbewegung – mit der Struktur der regionalen Ansprechpartner:innen zu fördern und zu stärken.
– Ensible e.V. – Stützpunkt für Jugendkultur in NRW, Köln
Der Ensible e.V. steht als gemeinnütziger Ethikverein und als Landesträger der freien Jugendhilfe für die verbindende Kraft einer gemeinsamen Vision von lebenswerter Zukunft und setzt sich dafür ein, dass sich junge Menschen zu souveränen, weltoffenen und haltungsstarken Gestalter:innen einer friedlichen, demokratischen Gesellschaft entwickeln können. Der Verein steht mit seiner Arbeit für lebendige Jugendkultur von Jugendlichen für Jugendliche und für kraftvolle, innovative Impulse in der kulturellen Bildung.
Im Rahmen der Jugendkunstgalerie „Freestyle NRW“ können junge Menschen Fotos zu unterschiedlichen Themen einreichen. Ihre Arbeiten werden über Ausstellungen im digitalen Raum sowie in den Innenstädten der teilnehmenden Partnerkommunen sichtbar gemacht. Auch Schulen können mit ihren Webseiten oder ihren Schulgebäuden zu Ausstellungsräumen für die Bilder der Jugendlichen werden. Ergänzt wird das Projekt durch digitale Fotografie-Workshops, die von professionellen Fotograf:innen begleitet werden.
https://www.youth-and-arts.nrw/de/
Projektübergreifende Ergebnisse
Im Verlauf der Schraubwerkstatt zeigte sich, dass insbesondere auch in der projektübergreifenden Zusammenarbeit ein wichtiger Baustein für den Erfolgs des Formats liegt. Mit Blick auf die Übertragbarkeit der Erfahrungen aus der Schraubwerkstatt folgt hier eine Auflistung der wesentlichen Elemente der Arbeitspraxis:
– Regelmäßigkeit des Austauschs
Kurze Formate lassen sich auch über einen langen Zeitraum gut im Arbeitsalltag unterbringen und bieten Raum für den Dreiklang von Erproben, Prüfen und Anpassen. Ganz nebenbei wächst auch das Vertrauen der Beteiligten untereinander und stärkt die Geschütztheit des gemeinsamen Raums.
– Heterogenität in der Zusammensetzung
Überregionaler und interdisziplinärer Austausch gibt weniger Anlass zur Konkurrenz und kann größere Offenheit für die Perspektiven und Ideen anderer Menschen ermöglichen.
– Wechsel zwischen offenen und geschlossenen Formaten
Damit geschützte Räume nicht zur Blase werden, empfiehlt es sich, im Dialog mit Dritten die intern entwickelten Ideen ebenso zu teilen, wie auch die Sichtweisen von außen als Korrektiv anzunehmen.
– Moderation in Teams
Nicht nur die Vorbereitung einer Veranstaltung im Duo eröffnet Raum für Neues, auch die Teilnehmenden profitieren von der Unterschiedlichkeit der Ansprachen.
– Methodische Vielfalt
Die Erprobung unterschiedlichster Arbeitsweisen erweitert den Horizont und macht es in der konkreten Situation leichter, aus der Erfahrung eine geeignete Methode zu wählen.
– Regelmäßige Rollenwechsel
Nicht nur die wechselnde Moderation, sondern auch die wechselnden Rollen der Teilnehmenden haben dazu geführt, dass sie mal selbst im Zentrum standen, sich dann als Beobachtende in die Arbeit der anderen Teilnehmenden einbringen konnten und bei den Stammtischen als gleiche unter gleichen noch einmal anders in den Austausch einbringen konnten.
Perspektiven mit Blick auf Skalierbarkeit und Nachhaltigkeit
So wie der Erfolg der Arbeit projektspezifische und projektübergreifende Qualitäten hatte, so wird es in der weiterführenden Arbeit an geeigneten Formaten für eine Optimierung von Projektarbeit darum gehen, die Schraubwerkstatt als solche mit Blick auf Wiederholbarkeit und Skalierbarkeit weiterzudenken.
Darüber hinaus hat die Arbeit in der Schraubwerkstatt deutlich gemacht, dass auch einzelne Aspekte dieser Arbeitspraxis in andere Zusammenhänge übertragen werden können. Die Anwendbarkeit reicht von der täglichen Arbeit in Projekten und Institutionen bis zu Podiumsdiskussionen, Tagungen oder Festivals.